Montag, 12. Dezember 2011

Irritierende Forscherin

zum neu übersetzten Buch von Lydia Davis

Welche Erwartungen hat eine berufstätige Mutter an ihre Kindermädchen?
In Mrs. D und ihre Hausmädchen solche, die sie selber nicht erfüllen könnte -  und wenn die ausgestossenen Hausmädchen die Arbeitgeberfamilie vermissen, ist diese schon dabei neue Hausmädchen zu suchen.


Was man alles durch das Baby erfährtformt Chaos, Glück, Müdigkeit, Durst! Zärtlichkeit, Verstimmung, Hunger! Mitgefühl, Zerstreutheit, Seeligkeit, Ungeduld, Komik, Schmerz, Fassungslosigkeit zu Literatur.

 Auf einem weissen Blatt entsteht auf - unter - oder oberhalb der Linierung eine kleine Welt. Die Autorin sucht hinter den Satzkonstruktionen nach der Persönlichkeit der jungen Menschen und ihren möglichen Lebensumständen. Sie benutzt dabei die Schulgrammatik, um das Wesen und den Ausdruck dieser Kinder zu entschlüsseln. Die Lehrperson, die diesen Schlüssel betätigt, sollte ihrerseits im Besitz der Grammatik der Gefühle sein. Du fehlst uns: Eine Studie der Genesungswünsche einer vierten Klasse Grundschule

Die Feinheiten dieses Erzählbandes leben zwischen den Zeilen auf oder nachdem man das Buch für eine Pause zur Seite gelegt hat. Es sind offene Geschichten, die nur scheinbar abgeschlossen sind. Sie regen zum Nachdenken an. Die Autorin lädt in einen Raum ein, dessen Türe offen bleibt. Als Leser möchte man sich darin niederlassen, aber die Gastgeberin ist verschwunden und man  traut sich nicht die Türe selbstständig zu schliessen. Lydia Davis fordert auf, weiter zu forschen. Nach neuen Räumen, die ausserhalb ihrer Geschichten liegen...
Ariela Sarbacher

Lydia Davis, Formen der Verstörung, 
Literaturverlag Droschl,www.droschl.com

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