Samstag, 15. März 2014

Vollmond über dem Theater Neumarkt

Vollmondlicht lindert die nächtliche Frühjahreskälte nach der Premiere von Der grosse Gatsby am Theater Neumarkt.
Ähnlich beruhigend wirkt die schweigende Gestalt des Jay Gatsby, an ihrem Swimmingpool sitzend, nachdem sie erschossen wurde - die Figur hat leise lächelnd überlebt.

Einzelnes grünes Blinken am anderen Ufer verheisst Glück 
in der Finsternis
Schon während der ersten Minuten machen Peter Kastenmüllers starke Inszenierung und sein hochkarätiges Ensemble einen vergessen, dass man F. Scott Fitzgeralds Werk The great Gatsby nicht in seiner Originalsprache hört. Sie pflegen einen sehr genauen und lebendigen Umgang mit Sprache, befreien den legendären Roman von überkommenen Vorstellungen und hauchen ihm neues Leben ein, ohne die Vorlage zu verändern. Was wiederum für die geheinmisvolle, unvergängliche Qualität dieses literarischen Stoffes spricht.

Eine reizvolle Idee, die Ehefrau Daisy Buchanan und die Liebhaberin Myrtle Wilson mit derselben Schauspielerin zu besetzen. Yanna Rügers vielseitige Darstellung macht durch sparsame Akzente die unterschiedliche Abstammung der beiden Frauen deutlich: Wo Geld ist, herrscht Langeweile, wo es fehlt, geht es ans Lebendige.
Golden Girl Daisy klingt hart und herrisch, wenn sie nicht sofort bekommt was sie will, weich wenn es um nichts geht, klimpernd, wenn sie weint. Daisys namhafte Stimme "her voice is full of money", tritt in einer der schönsten Szenen dieses Theaterabends zu Tage, als sie und ihr Mann Tom, in Anwesenheit von Gatsby (Daisys Liebhaber) und zwei weiteren Gästen, die geladene Dreieckssituation in Schach halten wollen. Der Versuch, die Zunge im Zaum zu halten, staucht banale Äusserungen - ob und wie man eine Spritzfahrt in die Stadt unternehmen soll - in verschärfte Wortfetzen, die vom Unausgesprochenen halb vertilgt, knapp und spitz durch dicke Luft schneiden.

Durch die kluge Entscheidung, die Figur von Wilson (Myrtles Ehemann) auszusparen, bleibt das nackte Elend ausgeschlossen und glänzt durch Abewesenheit - wären da nicht zwei unheilbringende Schatten, die sich ungesehen in die weissgefärbte, wohlhabende Gesellschaft mischen und auf fremde Weise mittanzen.
Entgegen seiner beiden filmischen Vorlagen, wird hier der Erzähler 
Nick Carraway von falscher Sentimentalität befreit. Von seiner Umgebung nicht unberührt, legt er sich chamäleonartig immer wieder neue Identitäten zurecht und als ihm, beim Lesen seiner eigenen Worte, zum Schluss die Tränen kommen, ist es längst zu spät.
Nicht für das Theater Neumarkt, das mit einer ungewohnten Sprache auftritt.  Ariela Sarbacher

Der grosse Gatsby
www.theaterneumarkt.ch




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